Schweiz - die ersten Casinos des 19. Jahrhunderts
Schweizer Casinos sind auf dem Boden der Kurkultur des 19. Jahrhunderts gewachsen. Kurstädte und Seebäder zogen Publikum aus ganz Europa an: tagsüber - Wasser, Spaziergänge und Konzerte, abends - Bälle, Theater und Spiele. Auf dieser Welle wurden Baden (Kanton Aargau) und Lugano (Kanton Tessin) zu frühen Kristallisationspunkten der Schweizer Glücksspieltradition. Ihre „Kurhäuser“ - multifunktionale Ferienhäuser mit Konzerthallen, Restaurant, Terrassen und Spielsalons - prägten die trendige Freizeitgestaltung der Epoche und setzten den architektonischen Code zukünftiger Casinos.
Europas Kontext: Resorts, Eisenbahnen und „belle époque“
Die Bäderwirtschaft. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt die europäische Elite Kurbehandlungen und Klimakurorte. Der Zustrom von Gästen erfordert eine neue Freizeitinfrastruktur - von den Philharmonikern bis zu den Spielsalons.
Eisenbahnen. Ein Wegenetz verbindet Zürich, Basel, Mailand, Genua: Die Anreise nach Baden und Lugano wird bequem, der Touristenverkehr wächst.
Stil der Epoche. Die Architektur der Kurhäuser verbindet klassizistische und Neo-Renaissance-Motive, die Innenräume sind Hallen mit Parkett, Kronleuchter, Wintergärten, Veranden mit Blick auf Park oder See.
Baden: Thermen, Kurhaus und „Abendprogramm“
Spa-Tradition. Baden ist seit der Antike für seine Thermalquellen bekannt; Im 19. Jahrhundert erlebte das Resort eine Renaissance.
Das Kurhaus als „Versammlungshaus“. Unter einem Dach gibt es ein Restaurant, eine Konzertbühne, einen Ballsaal und Spielräume. Das Spiel ist Teil des weltlichen Protokolls nach Konzerten und Abendessen.
Publikum und Spiele. Reisende aus Zürich und Basel, Unternehmer, Offiziere im Urlaub. In Mode - Roulette, trente-et-quarante, Baccarat; Die Preise sind zurückhaltend, die Etikette ist streng.
Städtisches Gewebe. Hotels, Promenaden, Park am Wasser; Plakate von Konzertabenden und Benefizbällen koexistieren mit „soirées de jeu“.
Lugano: Italienischsprachiger Charme und Seesaison
Die Grenzgeographie. Lugano - das „Tor“ der italienischsprachigen Schweiz; das milde Klima und der See sorgen für eine lange Saison.
Kurhaus von Lugano. Multifunktionale Plattform mit Terrassen und Blick auf das Wasser: tagsüber Kaffee und Orchester auf der Laube, abends tanzen, dann Karten und Roulette.
Das Publikum und die Mischung der Kulturen. Gäste aus der Lombardei und Nordeuropa; Menü - mit italienischem Geschmack, Musik - von Salonwalzern bis Arien.
Säkulare Gewohnheiten. Das Spiel ist der letzte Akkord des Programms nach Promenaden und Besuchen in Salons. Kleiderordnung und „Gute-Laune-Regeln“ sind Pflicht.
Soziale Szene: Musik, Bälle, Wohltätigkeit
Musikalische Abende. Kammerkonzerte, Tourpianisten, Gesangsduos. Das Plakat ist der Haupttreiber des Abendverkehrs.
Bälle und Maskeraden. Saisonale „Hochwochen“ mit Benefizbällen und Lotterien zugunsten des städtischen Bedarfs.
Das Spiel als Teil der Etikette. Die Einsätze sind moderat, demonstrative „scharfe“ Szenen werden vermieden; an den Tischen gibt es eine Mischung aus Sprachen und Akzenten, aber eine allgemeine Resort-Höflichkeit.
Regeln und Regulierung: Von kantonalen Genehmigungen zu Verschärfungen
Lokale Berechtigungen. Im 19. Jahrhundert hängt die Zulassung zu den Spielen von den Kantonen und Stadtbehörden ab; Die Kurhäuser agieren nach dem Modus der „Versammlungshäuser“ mit Spielzimmern.
Eine moralische Debatte. Mit der Popularität der Spiele nehmen die Diskussionen über die Auswirkungen auf die Moral zu; Behörden verhängen strengere Stunden, Altersbeschränkungen und Kontrollen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Kurs der Verschärfung wird bundesweit: Das „goldene Zeitalter“ der Kurhäuser endet, die Glücksspielaktivitäten durchlaufen eine Phase der Einschränkungen und dann - eine lange Verbotszeit bereits im 20. Jahrhundert. Die historischen Hallen ändern entweder ihr Profil oder „erstarren“ bis zur zukünftigen Sanierung des Casinos als Kultur- und Unterhaltungszentren.
Ein Vermächtnis für die Moderne
Architektonischer Code. Die modernen Casinos der Schweiz haben das Layout der Kurhäuser geerbt: Restaurants, Bühnen, Terrassen, Veranstaltungsräume - das Spiel ist in ein breiteres kulturelles Szenario eingewoben.
Resort-Service. Das Bündel „Wellness + Gastronomie + Events + Spiel“ stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist heute im Format von Partnerpaketen mit Hotels und Thermen gestaltet.
Das kulturelle Gedächtnis. Plakate, alte Fotografien und Konzertprogramme aus dem späten 19. Jahrhundert werden oft Teil der Museumsecken an modernen Veranstaltungsorten.
Mini-Chronologie (Richtlinien)
1810-1850. Stärkung der Kurbewegung; Gestaltung der badischen und luganischen Salonkultur.
1860-1890. Höhepunkt der „belle époque“: Ausbau der kurländischen Infrastruktur, trendige Abende und regelmäßige Spiele.
1890-1910. Eine Welle von Einschränkungen und eine Zunahme der öffentlichen Diskussion über Moral und Risiken; Vorbereitung auf die harte gesamtföderale Linie des 20. Jahrhunderts.
Ende des 20. - Anfang des 21. Jahrhunderts. Rückkehr des Casinos in den legalen und kulturellen Kreislauf unter neuen, strengen Bedingungen: Lizenzierung, Zertifizierung, Responsible Gaming, Multi-Event-Format.
Leitfaden für Etikette und Spiele „wie damals“ (für den historischen Geschmack)
Roulette und Baccarat. Klassische Formate mit klaren Raten; am Tisch - mäßige Lautstärke und Aufmerksamkeit für die Signale des Croupiers.
Kleiderordnung. Abendkleidung oder „Kurparadiese“; Handschuhe und Fächer sind wie Stilelemente einer Epoche.
Das Tempo des Abends. Zuerst Musik/Abendessen, dann ein Spiel für ein oder zwei Stunden, danach ein Spaziergang entlang der Promenaden.
Baden und Lugano wurden frühe Laboratorien des Schweizer Casino-Erlebnisses: Resort, Musik, Gastronomie und „moderates“ Spiel, das in die Etikette „belle époque“ eingeschrieben ist. Obwohl bereits um die Jahrhundertwende der Kurs der Verschärfung den Spielen einen starren Rahmen gab, bildeten die Hinterlassenschaften des 19. Jahrhunderts - die Architektur des Kurhauses, die Idee des „Kulturabends“ und die Verknüpfung mit dem Tourismus - das Fundament, auf dem heute die reife und verantwortungsvolle Schweizer Casino-Industrie steht.